S-Bahn München - Einsatzgebiet der Baureihe 420/421

Zeittafel

Die Baureihe 420 und die Münchner S-Bahn

  1980  

1. Juni 1980

Verlängerung der eigenen, zweigleisigen S3-Trasse von Olching nach Maisach. Der neue Haltepunkt Esting erschliesst die neue Wohnstadt westlich von Olching. Mit einer Zahl von nunmehr 160 in Steinhausen beheimateten ET420-Einheiten kann unter anderem auch ein 20 Min-Takt auf der S3 bis Maisach gewährleistet werden. Auf der jetzt vollständig S-Bahn-freien Fernbahntrasse München - Augsburg kann dagegen ungestört mit bis zu Tempo 200 parallel zur S3 dahingerast werden.

19. November 1980

Der Besuch von Papst Johannes Paul II., verbunden mit einer Messe vor 930 000 Menschen auf der Theresienwiese, erfordert von der Münchener S-Bahn Höchstleistungen ähnlich wie zu den Sommerspielen 1972. Zur Kapazitätserweiterung in München werden 27 ET420-Einheiten aus Frankfurt und Stuttgart abgezogen. Im Münchener Kerngebiet sind zur Bewältigung des Besucheransturms alle S-Bahnen als Langzüge unterwegs.

  1981  

31. Mai 1981

Zum Fahrplanwechsel steht die Südanbindung der Stammstrecke von der Donnersberger Brücke in Richtung Harras zur Verfügung. Dadurch erreichen die ET420 mit der neuen S7 vom Ostbahnhof kommend über die traditionsreiche Isartalbahn Wolfratshausen. Die Bahnsteiglängen auf dem Abschnitt zwischen Solln und Wolfratshausen erlauben nur den Einsatz von Voll- oder Kurzzügen. Auf den Einsatz von Langzügen auf der neuen Linie wird aber gänzlich verzichtet.

Für die Verwirklichung der S7 waren umfangreiche Baumaßnahmen nötig gewesen. Die größte davon war der Verbindungstunnel vom S-Bahnhof Donnersberger Brücke zur Südstrecke, unter allen Ferngleisen hindurch die vom und zum Hbf führen. Der Bahnhof an der Donnersberger Brücke wurde auf zwei Bahnsteige ausgebaut. Der bislang einzige Bahnsteig in der Mitte der Anlage wurde weitgehend abgetragen, dort sorgen seitdem einige Zierbäume und Sträucher für ein wenig grün.

Mit der Inbetriebnahme der siebten vollwertigen S-Bahn-Linie nach Wolfratshausen und weiteren Taktverdichtungen im Gesamtnetz, erhöhte sich auch noch einmal der Fahrzeugbedarf. So erreichte im laufe des Jahres der Bestand an ET420 in München eine Zahl von 176 Einheiten.

23. November 1981

Ende des LZB-Betriebs auf der Stammstrecke zwischen Pasing und Ostbahnhof. Alle sich in Auslieferung für München befindlichen ET420 werden ohne LZB abgeliefert. Die bestehenden Einheiten gaben ihre LZB-Einrichtungen an die Baureihe 103 ab, die zu dieser Zeit für Tempo 200 (diese sind nur mit LZB erreichbar) flott gemacht wurden. Neben der Fahrzeugnummer, die sich hinter der Führerstandstür befindet, kennzeichnete ein roter Punkt jene Einheiten die noch LZB hatten. Einige Einheiten haben noch heute diesen roten Punkt, gleichwohl aber schon längst keine LZB mehr.

Der Linienleiter zwischen den Schienen wurde im laufe der Jahre Schritt für Schritt eingeholt. Heute erzählen nur noch die erkennbaren Leitungsklammern in der Mitte vieler Schwellen von der frühen LZB-Epoche bei der Münchener S-Bahn. Die LZB soll nach einer jahrzehntelanger Abstinenz in modifizierter Form wieder auf die Stammstrecke zurückkehren. Man darf gespannt sein, wie die Bahn das offiziell vermarkten wird. Es wäre nicht das erste Mal, wenn plötzlich das Rad neu erfunden werden würde...

  1982  

15. Mai 1982

Der MVV erlaubt, zunächst versuchsweise, die Mitnahme von Fahrrädern in den S-Bahn-Zügen zu bestimmten Zeiten.

29. November 1982

Mit einem Wagenpark von jetzt 178 in München stationierter Einheiten, kann auch die seit dem 31. Mai 1981 existierende S27 Hbf (Starnberger Flügelbhf.) - Deisenhofen auf die Baureihe 420/421 umgestellt werden.

  1983  

28. April 1983 - 9. Oktober 1983

Wegen der Internationalen Gartenbauausstellung (IGA 83) im Münchener Westpark wird für diese Zeit der Takt auf der S7 zwischen Ostbahnhof und Harras auf 10 Minuten verdichtet. Zusammen mit dem neuen U-Bahn-Abschnitt (Linie U3,U6) Harras - Westpark bildet die S-Bahn bis zum Umstiegsbahnhof Harras einen wichtigen Teil des Zubringerverkehrs.

29. Mai 1983

Die erste Klasse wird nach 11 Jahren ihres Pseudo-Daseins offiziell bei der Münchener S-Bahn abgeschafft.

Obwohl der vorerst letzte ET420 bereits Mitte 1981 ausgeliefert wurde, erhöht sich noch einmal der Fahrzeugbestand in Steinhausen auf 187 Einheiten. Der Zuwachs ist mit der Abgabe von ET420 der Rhein-Ruhr S-Bahn zu erklären. Dort wird das Ziel verfolgt in Zukunft den S-Bahn-Betrieb nur noch mit lokbespannten Wendezügen (Baureihe 111 mit "X"-Wagen) durchzuführen. Dieser Transfer war in München der erste Fahrzeugzuwachs aus "gebrauchten" ET420 der 2. Bauserie, die ursprünglich nach Düsseldorf ausgeliefert wurden. Bislang bekam München immer fabrikneue ET420 zugeteilt, zuletzt waren das einige Einheiten der 6. Bauserie. Diese (wenigen) Neubaufahrzeuge der 5. und 6. Bauserie musste München nun im Gegenzug für die (vielen) Düsseldorfer 420er nach Stuttgart abgeben. Fortan bestand der Steinhauser Wagenpark bis in die neunziger Jahre hinein nur aus ET420 der 1. und 2. Bauserie.

  1984  

3. Juni 1984

Das Kreuzungsbauwerk für die S-Bahn am Leuchtenbergring geht in Betrieb. Die Züge der S4 und S6 werden von Berg am Laim kommend, kreuzungsfrei über das Richtungsgleis der S3 nach Ismaning und den beiden Zufahrtsgleisen zum Bw Steinhausen geführt.

Die Sonderlinie S11 Ostbahnhof - Olympiastadion wird in S8 umbenannt. Auch die S8 nimmt den gleichen Weg durch den Stammstreckentunnel und folgt der S1 bis Moosach. Dort zweigt sie auf den Güter-Nordring ab um jene Stichstrecke zu erreichen, die zum großzügigen, jedoch meist verwaisten Olympiabahnhof führt. Die S8 fuhr regelmäßig zu den Bundesligaspielen im Olympiastadion und zu jeder Großveranstaltung im Olympiapark.

27. September 1984

Die S5 ist zwischen Freiham und Unterpfaffenhofen zweigleisig befahrbar. Ziel ist es die alte, hauptsächlich eingleisige Lokalbahn nach Herrsching bis Weßling zweigleisig auszubauen. Angestrebt wurde eine Taktverdichtung zwischen München und Weßling.

25. November 1984

Schlechte Nachrichten für alle Lokalpatrioten! Die DB Hauptverwaltung im fernen Frankfurt zeigt kein Verständnis mehr für das identitätsstiftende weiß-blau (das in Wirklichkeit ein kieselgrau-blau ist) an den Münchener ET420-Einheiten. Nach dem Willen der Verantwortlichen sollten in Zukunft alle S-Bahn-Züge in Deutschland im einheitlichen kieselgrau/orange unterwegs sein. Hamburg hielt sich zu keinem Zeitpunkt an diese Vorgabe und auch in München beeilte man sich nicht, die Einheiten schnellstens bundeseinheitlich zu lackieren.
Noch heute gibt es (zum Glück!) einige 420er im traditionellen kieselgrau/blau. Dennoch ging seit jener Entscheidung in trüben Novembertagen die Anzahl an "Bayrisch-Blauen" 420er drastisch zurück. Als erste Einheit traf es 420 058, der noch in kieselgrau/orange umlackiert wurde. Viele weiß-blaue 420er übersprangen aber diese für München kurze Farb-Epoche (bis 1988) und wurden bereits in ow umlackiert.
Mitte der neunziger Jahre verlor die letzte Einheit der 2. Bauserie ihr kieselgrau-blaues Gewand. Verblieben sind nur noch einige Einheiten der 1. Bauserie, welchen nun in jüngster Zeit auch noch das aktuelle Verkehrsrot droht.

  1985  

29. September 1985

Die S5 ist zwischen Gilching-Argelsried und Weßling zweigleisig ausgebaut. Dies machte sich mit Fahrzeitgewinnen und Taktverkürzungen bei den Fahrgästen positiv bemerkbar.

  1986  

13. Januar 1986

Zwei ET420-Einheiten müssen an Stuttgart, zur Deckung des dort gestiegenen Bedarfs, abgegeben werden.

22. Dezember 1986

Das Ziel eines zweigleisigen Ausbaus der S5 bis Weßling ist erreicht. Der Ausbau des Streckenabschnitts zwischen Unterpfaffenhofen-Germering und Gilching-Argelsried ist abgeschlossen.

  1987  

1. Januar 1987

Erstmals bietet die Münchener S-Bahn einen durchgehenden Nachtbetrieb zu besonderen Anlässen an.
"ET420 - around the clock!"

31. Mai 1987

Zum Fahrplanwechsel 86/87 wird auf der seit 22.12.86 ausgebauten S5 zwischen Weßling und München ein in der HVZ auf 10 Minuten verkürzter Takt angeboten. Ganztägig verkehrt die S-Bahn auf diesem Abschnitt im 20 Min.-Takt, auch die Fahrzeiten nach Herrsching konnten verkürzt werden.

2. November 1987

Auf der S4 wird ein ganztägiger 20 Min.-Takt zwischen München und Buchenau (zu Fürstenfeldbruck) eingerichtet. Dafür war der Ausbau des Bahnhofs Buchenau und die Einrichtung einer Wendeanlage nötig gewesen.

  1988  

17. Februar 1988

Die Deutsche Bundesbahn stellt sich als "Die neue Bahn" mit einem neuen Farbkonzept vor. Alle Zuggattungen hatten sich dem Konzept zu fügen, so war die Farbaufteilung bei allen Fahrzeugen gleich: Weiß, mit einem farbigen Fensterband und einem darunter verlaufenden Zierstreifen in der hell abgestuften Farbe des Fensterbands. Alleine die Farbe sollte dem Kunden signalisieren, welches Produkt er da gerade vor sich hätte. Die EC- und IC-Züge bekamen die Farbe rot zugeordnet, das neue Produkt "InterRegio" IR (als D-Zug Nachfolger gedacht) erschien in blau, die Regionalzüge in mintgrün und "das Produkt S-Bahn" in orange. Mit der Wahl von orange als S-Bahn-Kennfarbe war wenigstens ein etwas sanfterer Übergang vom bisherigen kieselgrau/orange gefunden worden, was man von den anderen Zuggattungen nicht gerade behaupten kann. 420 060 (Jetzt als erster X420 in Stockholm) war der erste 420er, der in dem "Produktdesign S-Bahn" das Aw Freimann verließ.

29. Mai 1988

Nannhofen, eigentlich immer Teil des Münchener Vorortverkehrs, bekam endlich seinen S-Bahn-Anschluß. Mit dem neugebauten dritten Gleis neben der Fernstrecke München - Augsburg erreichten die ET420 als S3 Malching und die Gemeinde Mammendorf (Nannhofen).

Erst jetzt, fünf Jahre nach der offiziellen Abschaffung der 1.Klasse bei der Münchener S-Bahn, werden an den ET420 vereinzelt die gelben Streifen und Klassennummern unkenntlich gemacht.

25. Juni 1988

Endspiel zur Fußball Europameisterschaft Niederlande gegen die Sowjetunion im Olympiastadion. Endspiel auch für den Olympiabahnhof und der Baureihe 420 mit ihrer S8-Sonderlinie auf dieser Verbindung. 72.308 Zuschauer dürfen zuschauen, wie Ruud Gullit (33. Min) und Marco Van Basten (54. Min) mit einem 2:0 Holland gegen die UdSSR zum Europameister schiesst. Gleichsam als späte Wiedergutmachung holen die ET420 diesmal hochzufriedene Holländer vom Olympiastadion ab. Nocheinmal dürfen die Triebzüge die Schlachtenbummler über die Weichenstraßen an der Pressestadt vorbei über die Triebstraße zum Nordring und dann in Richtung Innenstadt schaukeln. Es war die letzte Chance die Rückfahrt vom 7. Juli 74 vergessen zu machen, denn an diesem Abend zeigte der letzte 420er dem Olympiabahnhof seine rechteckigen Schlusslichter...

25. September 1988

Verlängerung der eigenen zweigleisigen S-Bahn-Trasse auf der S4 von Haar nach Zorneding und gleichzeitige Ausdehnung des ganztägigen 20 Min.-Takt von Buchenau bis Zorneding.

31. Dezember 1988

Die Einheit 420 053 macht sich zu seiner legendären Spritztour von Ebersberg nach Wasserburg auf. Gleich mehrere Superlative wurden an diesem Silvestertag des Jahres 1988 aufgestellt:

- Längste führerlose Geisterfahrt eines unbesetzten Triebzugs
- Längster je zurückgelegter Abrollweg eines Schienenfahrzeugs
- Schnellste S-Bahn-Verlängerung aller Zeiten
- Kurzlebigste S-Bahn-Verbindung aller Zeiten
- Teuerste Notdurft der Bahngeschichte

Heute ließt sich jener Vorfall von damals wie eine nette Anekdote, doch die Geschichte hätte aber auch durchaus schlimmere Folgen haben können. Was war also geschehen? Während der Wendezeit von 420 053 am Endbahnhof Ebersberg verspürt der Tf den Drang der Natur. Daraufhin verläßt er sein Fahrzeug und begibt sich in den Bahnhof. Da das Gleis leicht abschüssig ist, setzt sich mit gelösten Bremsen die unbesetzte Einheit unbemerkt in Bewegung - und zwar in Richtung Wasserburg (20 km von Ebersberg entfernt)!

Kurz nach verlassen des Bahnhofs endet jedoch der Fahrdraht, was zur Folge hat daß der gehobene Stromabnehmer keinen Gegendruck mehr erfährt und sich so unentwegt weiter anhebt bis das Gestänge unstabil wird und schliesslich einknickt. Mit einem Gefälle von bis zu 27 Promille beschleunigte der nun stromlose Triebzug als unfreiwilliger "Filzenexpress" um dann mit genug Schwung bis nach Wasserburg zu gelangen. Glücklicherweise ist diese Nebenbahn so schwach frequentiert, das sich kein weiterer Zug auf der Strecke befand. Da das Fehlen eines 67 Meter langen und 138 Tonnen schweren Zuges nicht lange unbemerkt bleibt, waren bald alle wichtigen Stellen informiert. Der Fahrdienstleiter in Wasserburg Bf. stellte die Weichenstraße so, das 420 053 in ein Nebengleis rollte wo die Reise nach mitnahme eines Prellbocks doch noch etwas unsanft endete. Der entstandene Sachschaden soll sich umgerechnet auf ca. 25.000 Euro belaufen haben. Die beschädigte Einheit wurde im Aw Freimann wieder instandgesetzt und kehrte in den geregelten Betrieb zurück.

Der einmalige Laufweg von 420 053:

Ebersberg(Oberbay)
Steinhöring
Tulling
Forsting
Brandstätt
Edling
Wasserburg(Inn)Bf

» Der Freundeskreis Eisenbahn Süddeutschland e.V. stellt auf seiner Seite den
   "Filzenexpress" Ebersberg - Wasserburg (KBS 948) vor. Aber ohne ET420!

  1989  

28. Mai 1989

Die Deutsche Bundesbahn stellt sich als "Die neue Bahn" mit einem neuen Farbkonzept vor.

120 153-2 mit NS-DoStos, 1989; © Robert Brütting

Auf der S4 erfolgt ein Probebetrieb mit Doppelstockwagen der Niederländischen Staatsbahn (NS). Für den schnellen Wendebetrieb waren an jedem Zugende eine Lokomotive der Baureihe 120 gekoppelt. Der Wunsch, mit Doppelstockzügen die Kapazitätsprobleme der Münchener S-Bahn zu lösen, erwies sich im Probebetrieb als unrealistisch. Vorallem die zu geringe Anzahl an Zustiegen sind mit den Anforderungen eines schnellen Fahrgastwechsels bei der S-Bahn nicht vereinbar.

Nach acht Jahren Produktionspause beginnen die Vorbereitungen zur Auflage der 7. Bauserie. Bevor diese gefertigt werden, sollen zehn ET421-Mittelwagen und ein ET420-Endwagen für die vorhergehenden Bauserien nachgefertigt werden. Wegen Brandschäden und technischen Defekten verlor die Bundesbahn bis dahin knapp zehn Mittelwagen und auch einige Endwagen. Für München bedeutete der Nachbau die Komplettierung von fünf Einheiten:

420 042ff
420 093ff
420 140ff
420 150ff
420 194ff

Für die Einheit 420 140ff wurde auch ein ET420-Endwagen nachgebaut, somit ist nur der B-Wagen noch ein Original und selbst dieser trug ursprünglich die Nummer 420 637-1.
420 140ff ist damit der letzte ET420, der nocheinmal mit Taschenschiebetüren ausgeliefert wurde, das gilt für die Baureihe ET421 mit den zehn Mittelwagen übrigens auch.

Stand: 2003

Literaturverweis:
Pospischil, Reinhard: S-Bahn München (Alba, 1997)
Janikowski, Andreas: Deutschlands S-Bahnen (Transpress, 1994)